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  • AutorenbildErik

Überall Airbnb - aber wo sind die Locals?

Unsere Perspektive zu Airbnb


in einer Strasse in Florenz
Resi wartet vor einer Airbnbhütte auf den Gastgeber

Lange Zeit haben wir “Airbnb” benutzt ohne zu hinterfragen. Die Idee, in einer Wohnung von Einheimischen zu wohnen und dabei entweder ein Zimmer oder die ganze Wohnung zur Unterkunft zu haben ist charmant. Man fühlt sich einfach etwas näher am lokalen Leben als wenn man im Hotel wohnt. Irgendwie fühlt es sich auch immer mal wieder wie “Couchsurfing” an, da man die Locals kennenlernt und manchmal etwas gemeinsames unternimmt. In Florenz ist es dann aber sehr deutlich geworden. In Italien fing es dann an das wir dieses Konzept hinterfragten. Wenn wir durch ein lokales Quartier liefen in dem Einheimische leben sollten, gab es immer wieder das gleiche Bild zu sehen. Eine Gruppe mit Rollkoffer oder Rucksäcken wartend vor den Eingangstüren der Einheimischen. Es schien fast so, als ob es nur noch Airbnb Wohnungen gibt. Wir waren ja auch in einer solchen untergebracht. Beim genaueren Hinschauen fällt es dann deutlicher auf. Die meisten Airbnb Unterkünfte, die wir bewohnt haben sind gar keine Privat Wohnungen. Es ist meist eine funktionell eingerichtete Wohneinheit oder komplette Wohnung ohne jegliche persönliche Gegenstände. Das heisst keiner wohnt wirklich darin, sondern es handelt sich fast immer um reine Touristenunterkünfte. Nach einigen Recherchen und Dokus haben wir dann herausgefunden, dass beinahe jede zweite Wohnung in Florenz an Touristen vermietet wird. Das geht soweit, dass die Besitzer der Wohnungen nicht einmal in Florenz geschweigedenn in Italien leben. Die Leute sind oft nur Immobilieninvestoren, die hohe Gewinne einstreichen. Die lokale Bevölkerung hat dabei oft das Nachsehen und findet keinen bezahlbaren Wohnraum mehr. Aus Berlin erreichen uns die gleichen Berichte. Dort und in anderen Grossstädten Deutschlands, Europas und der ganzen Welt hält dieses Geschäftsmodel im grossen Stil Einzug. Eigentümer kündigen ihren Mietern wegen Eigenbedarf um die Marge zu verzehnfachen. Wenn wir jetzt Italien mal als Beispiel nehmen: Die Italiener leben für ihre Nachbarschaft, jeder kennt da jeden in der Strasse und in den Vierteln. Es wird gequatscht, sich abends vor den Haustüren versammelt, zusammen gegessen. Untereinander weiss man zu wem man gehen kann wenn man etwas braucht oder ein Anliegen hat. In jeder Strasse gibt es kleine Tante Emma Lädchen mit regionalen Produkten die mal für die Anwohner der Strasse gedacht waren, auch Schmuck und Uhren gab es beim Goldschmied nebenan, der von seinen Kunden im Viertel lebte. Wenn nun aber die ganzen Einheimischen aus ihren Wohnungen vertrieben werden, die Vermieter Eigenbedarf anmelden um die Wohnung dann auf Airbnb zur Verfügung zustellen um damit mehr Profit machen zu können, dann geht daran die ganze Nachbarschaft kaputt. Einzelne Leute die da noch leben in den Strassen, kennen ihre Anwohner nicht mehr. Es gibt nicht mehr die zusammengeschweisste Comunity wenn sich die Gesichter in der Strasse täglich ändern. Die Tante Emma Lädchen überleben nicht mehr, weil die neuen flüchtigen Bewohner im grossen Supermarkt günstiger einkaufen gehen können und auch der Goldschmied wird nur noch zum Gafferobjekt bei dem man nur beiläufig mal durchs Schaufenster guckt und in Foto gemacht wird. Lokale Läden werden zu Souvenirshops.


Die Idee von Airbnb - die eigenen Wohnungen für Abwesenheitszeiten unterzuvermieten ist längst mutiert und trägt zur Gentrifizierung ganzer Städte bei. Dabei beschreibt der Begriff Gentrifizierung den Veränderungsprozess in Stadtteilen mit zumeist niedrigerem Standard und normal bzw niedrigpreisigen Immobilien hin zu gehypten Vierteln mit immer weiter steigenden Mietpreisen und Modernisierungsmassnahmen die den Lebensraum unerschwinglich machen.


Das ist in unseren Augen nicht akzeptabel und die Frage ist was tun? Es ist daher total verständlich wenn die Einheimischen die Nase voll haben und nicht äusserst freundlich gegenüber den Touristen sind. Wir haben uns am Abend mal bewusst ein lokales, verstecktes, nur von Italieniern besuchtes Restaurant ausgesucht, dass nicht nur erschaffen wurde zum Wohle der Urlauber. Aber da haben wir deutlich zu spüren bekommen das das keine besonders gute Idee war. Um die Blicke und das Verhalten in Worte zu fassen in etwa so: "Habt ihr nicht schon genug Restaurants die nur für euch und nach eurem Geschmack errichtet worden? Nun nehmt uns nicht noch unsere letzten wirklich italienisch gebliebenen Lokale weg!" Die Einwohner von Florenz, Venedig, Barcelona und und und empfinden mittlerweile Antipathie gegen Touristen. Man begrüsst sie mit “Tourist go home” an die Wände gesprüht. Dieser Schriftzug ist uns des Öfteren über den Weg gelaufen.

Die Hotels und Gasthäuser haben auch mit der ungleichen Konkurenz zu kämpfen. Zumal oftmals die Airbnb Anbieter weder Steuern abführen, noch irgendwelche Standards befolgen. Auch in Deutschland werden für diese Angebote oft keine Steuern gezahlt. Das ist in unseren Augen nicht gerecht und kann aus unserer Perspektive nicht unterstützt werden. Das heisst nicht, dass wir Airbnb verteufeln sondern die Angebote in Zukunft genauer anschauen bevor wir sie buchen.


Als Tourist ist man Tourist und trägt wie bei jeder anderen Form von Konsum eine Verantwortung. Wir schliessen Airbnb nicht aus und halten es nicht für eine schlechte Idee. Es ist, was sowohl die Anbieter, als auch die Konsumenten daraus machen. Unsere Bestrebung ist, die lokalen Angebote vor Ort zu stärken und schauen dann nach kleinen gastronomischen Einrichtungen und Unterkünften die Ihren Teil zum gesellschaftlichen Leben beitragen. Das immer zu finden ist nicht einfach aber unser Bewusstsein ist dafür geschärft.

Was denkt Ihr zu diesem Thema?

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